Wandern

In blauen Trauben schwimmen!

20.10.2009 - Walter Roth

Wo wächst der beste Veltliner? Natürlich am sonnigsten Hang in Veltlin, über Tirano. Diese Wanderung von Tirano (I) nach Viano (CH) führte uns mitten durch die üppig blau behangenen Rebberge. In den untersten Lagen hatte die «Vendemmia» gerade begonnen, und ein Rebbauer schenkte uns vom Transportcontainer herab zwei Handvoll sonnenwarme Veltliner Trauben – köstlich!

Start ist beim Endbahnhof der Berninabahn. Man geht aus dem Bahnhof hinaus geradeaus weiter bis zur Altstadt und auf die Piazza Cavour (Im Caffe Cavour stärkten wir uns mit einem Caffè und einem Dolce). In der linken Ecke des Platzes ist bereits der Wanderweg nach dem Bergdorf Roncaiola signalisiert. Eine gut erhaltene Mulattiera führt in steilen Kehren durch die schönsten Veltliner Rebberge dort hinauf. Ab Roncaiola geht es auf einem Alpsträsschen mit Panoramablick auf das ganze Veltlin weiter bis zum verfallenden italienischen Zollhaus «Roccia del Gallo». Eine Tafel erzählt, dass hier immer ganz junge Zöllner frisch nach der Ausbildung Dienst taten, und dass einer ums Leben kam, weil er grossmütig einem abstürzenden Schmuggler die Hand reichte, dann aber von diesem in den Abgrund mitgerissen wurde. Was für ein Filmsujet!

Nach Umrundung dieser Felsnase tauchen bei klarem Wetter unvermittelt das untere Puschlav, der Piz Palü und der Piz Bernina auf. Wow! Im Schweizer Zollgebäude wohnt heute privat ein «Zurighese». Ab hier führt eine
Asphaltsstrasse nach Viano. Von da fährt ein Post-Kleinbus nach Campascio an die RhB hinunter (sofern keine Schulferien sind). Wir nahmen aber den wunderschönen alten Fussweg durch den Kastanienwald, der in steilen Kehren direkt zur Bahnstation Campascio führt (und plünderten unterwegs noch einen wild wachsenden Feigenbaum, Mmmmmh!)

PS: die meisten Wandernden fahren nach Viano hoch und stolpern dann Gelenk- und rückenschädigend auf diesem alten «Schmugglerpfad» nach Tirano hinunter. Die umgekehrte Richtung ist aber viel gesünder und Wädli-stärkend!
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Wandern

Zum Bergsee mit Welt-Naturerbe-Hochmoor

20.10.2009 - Walter Roth

Herrlicher Lärchenwald bis 2200 m.ü.M., ein stiller Bergsee mit Bernina-Blick und ein alpines Hochmoor, das zum Unesco-Welt-Naturerbe erkoren wurde. Alp-Naturerlebnisse vom Feinsten!

Start ist bei Postauto-Stop Pozzulasc (ca. 1850) an der Bernina-Pass-Strasse. Nach 50 Metern talabwärts ist der Lago del Teo bereits signalisiert. Durch schattigen Bergwald und an mehreren Maiensäss-Lichtungen vorbei steigt man auf bis zur Alpsiedlung «Auafreida» (2118). Dort zweigt der Bergweg zum Lago del Teo (2393) ab. Er verläuft längere Zeit horizontal in der Baumgrenz-Region und steigt dann steil zum See hinauf. Dieser liegt in einer grossartigen Geröll- und Felsarena mit den eindrücklichen Pyramiden des Piz Teo und Piz Sena als «Himmelsrand».
Zurückmarschiert nach Auafreida, geht man den Aufstiegsweg weiter und gelangt auf das Natrkleinod von San Franzesc. Warum diese Hochmoor-Terrasse diesen Namen trägt, verliert sich im Dunkeln der Geschichte. Dann führt ein guter Bergweg im Zickzack ins idyliische Val die Camp hinunter zum Maiensäss Terzana und weiter nach Sfazù mit Beiz und Postauto-Stop. Wanderzeit ca. 5 Stunden.

Variante: Man geht das Val di Camp aufwärts bis Lungacqua (SAC-Hütte) oder Alp Camp und fährt dann mit dem Post-Kleinbus nach Sfazù hinunter (tel. reservieren!).
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Dein Feind – dein Lehrer

09.10.2009 - Walter Roth

«Wahrer Sieg heisst nicht, den Gegner zu vernichten. Wahrer Sieg schenkt Liebe und verwandelt das Herz des Gegenübers. Diese Satori-Erkentnis von O’Sensei bedeutet, dass Liebe wahre Macht ist und die Anwendung göttlicher Weisheit, nicht das Ausüben eng begrenzter menschlicher Stärke. Alle grossen spirituellen Lehrer haben aufgefordert, seinen Feind zu lieben, eine höchste Form von Liebe. Wo Liebe und Respekt herrschen, gibt es keine Feinde mehr. Wenn wir nicht länger von Hass und Ego geblendet sind, wird jeder Gegner zu einem Teil von uns selbst. Ja, der Gegner wird zum Lehrer, der uns hilft, unsere Konzepte und unsere Technik zu verbessern. Das unerlässliche Gegengewicht, das unsere Sinne schärft. Mit nicht von Hass getrübter Sicht können wir die Standpunkte und Bewegungen unseres Gegenübers reflektieren, sein Leben und seine Schwächen verstehen. Der wichtigste Punkt in jedem Budo-Training ist, seinen Gegner wirklich zu verstehen. Sobald wir ihn verstehen, können wir ihn gar nicht mehr hassen. Nur so lässt sich der wahre Weg der Harmonie entdecken. Das ist weder Schwäche noch Sentimentalität, sondern die strikte Macht universeller Liebe. Liebe sollte nie schwach sein. Denn oft ist es ihre Aufgabe zu disziplinieren und Schmerz zuzufügen. Manchmal gibt es keine andere Wahl als eine Schwäche zu zerstören.»
(Aus Aikido + the harmony of nature, von Mitsugi Saotome Sensei)
 

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Wandern

Noch schöner: Schnebelhorn «von hinten»

30.09.2009 - Walter Roth

Die meisten ZürcherInnen besteigen den höchsten Hoger im Kanton (1291 m.ü.M.) vom Tösstal aus. Wie langweilig! Versucht es doch mal von der andern Seite, z.B. ab Mosnang im Toggenburg. Am Besten mit dem ÖV: Zürich HB – Mosnang 1h 12’!

Dort im schmucken Gasthof Bären einen Kaffee zur Stärkung – und los geht’s auf einer wunderschönen, von Weiden und Wald bedeckten, langen Krete. In angenehm gleichmässiger Steigung mit seltenen Steilpassagen schreitet sich’s leicht voran. Mit Blick auf die verschachtelten Hügel und waldigen Schluchten des westlichen Toggenburgs bis zum Töss-Stock. Man versteht, dass sich der Luchs hier wohl fühlt, bei so wenig sichtbarer Zivilisation!

Nach ca. 2 Stunden erreicht man die «Schnebelhorn-Ostwand» und entdeckt zur grossen Überraschung mitten drin eine Beiz: Die Meiersalp. Urgemütlich und mit selten guten Stärkungen für Wandernde. Dann wird’s für 20 Minuten richtig steil, aber dafür steht man nachher auf dem Gipfel mit traumhaftem Panorama vom Säntis bis zu den Berner Alpen.

Für den Abstieg nach Steg im Tösstal stehen verschiedene Routen zur Verfügung, von steil und kurz bis kurvig und länger (Naturstrassen). Gleich nach dem ersten «Stutz» lockt eine weitere beliebte Ausflugsbeiz, Das Rest. Tierhag. Wir wählten die steile Variante unter der Stromleitung und wanderten dann der jungen Töss entlang nach Ohrüti und Steg. Sie führt oft keinen Tropfen Wasser mehr, fliesst aber unterirdisch munter weiter. Marschzeit 4-5 erlebnisreiche Stunden!
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Leben

Augen auf für die schwarzen Schwäne!

29.09.2009 - Walter Roth

Alle Schwäne sind weiss – davon waren Europäer bis ins 17. Jahrhundert überzeugt. Dann wurde Australien entdeckt. Dort gibt es schwarze Schwäne. Was keiner für möglich gehalten hätte, war auf einmal unumstössliche Realität.

Extrem unwahrscheinliche Ereignisse, schwarze Schwäne eben, gibt es viel häufiger, als wir denken. Und sie verändern die Welt und unser persönliches Leben viel stärker als alles, was wir aufgrund dessen erwarten konnten, was wir bereits wissen.

Der Siegeszug des Internets, die Terrorattacken vom 11.09.01, der Erfolg von Google, die Finanz- und Wirtschaftskrise, der Herzinfarkt oder Hirnschlag, aber auch die Traumpartnerin oder die nie erwartete Berufschance – alles schwarze Schwäne! Niemand hätte sie voraus sagen können, und wenn, hätte ihm kein Mensch geglaubt.

Das Problem: Wir denken in schlüssigen Geschichten, verknüpfen Fakten zu einem stimmigen Bild, nehmen die Vergangenheit als Modell für die Zukunft. So schaffen wir uns eine Welt, in der wir uns beruhigt zu recht finden. Aber die Wirklichkeit ist anders: Chaotisch, überraschend, unberechenbar.

Wer weiss, dass es schwarze Schwäne gibt, und dass wahrscheinlich immer mehr davon auf uns zukommen, je globaler wir uns vernetzen, der traut keinem Experten mehr, sondern stellt sich mehr und mehr darauf ein, dass die Zukunft nicht voraussagbar ist.

Wer das schafft, entdeckt die Schönheit des Zufalls und die Poesie des Chaos. Eine total vorhersehbare Welt wäre todlangweilig und staubtrocken! Begrüssen wir die schwarzen Schwäne und überlegen wir uns, wie wir mit ihnen umgehen könnten. Denn dass sie kommen, ist das einzig absolut Sichere in der Welt.

Buchtipp: Der schwarze Schwan. Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse, von Nassim Nicholas Taleb, Hanser-Verlag, ISBN 978-3-446-41563-3
 

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